Teil II, Kanada, Der Westen
Ziemlich zeitig marschierten wir am Morgen vom Hotel Opus mit unseren Koffern zum SkyTrain. Wieder fuhren wir bis Flughafen Vancouver, denn hier waren alle grossen Autovermieter ansässig. Vor den Schaltern bildeten sich bereits lange Menschenschlangen, alle wollten ihre vorbestellten Mietwagen abholen. Ja, es war Hauptsaison und in den USA noch Schulferien. Den Reisebeginn weiter in den Herbst zu verschieben machte auch wenig Sinn, da dann die Gefahr bestand, dass schon in den höheren Regionen Schnee fiel. So nahmen wir eine Stunde Wartezeit in Kauf bis wir unseren Mietwagen hatten. Während dieser Zeit kamen wir mit den anderen Touristen ins Gespräch und hörten dass die Nachrichten aus Deutschland meldeten, „In den Rocky Mountains sind Waldbrände und die Luft ist voller Smog.“ Fragend sahen wir uns an: Was sollten wir machen, wir hatten unsere Route mit den vor gebuchten Hotels. Schauen wir, wie weit wir kommen.
Unser Mietwagen war ein niegel-nagel-neues Auto, hatte gerade erst 2000 km gelaufen. Eine Umstellung war es schon, denn der Wagen hatte ein automatisches Getriebe, wie die meisten Autos in Kanada. Aber nach kurzer Zeit gewöhnten wir uns auch daran. Wir fuhren ca.140 km bis Harrison Hot Springs und hatten eine Übernachtung in dem beliebten Thermalbad. Zwei Mineralquellen speisen das Bad. Die heißen Quellen wurden im 19. Jahrhundert von weissen Siedlern entdeckt. Aber schon die Ureinwohner wussten deren Heilkraft zu schätzen.
Noch bevor wir in dem Ort ankamen, besuchten wir die „Bridal Veils Falls“. Ganz in Highwaynähe gaben die hübschen Wasserfälle Anlass zu einem Spaziergang. Diesen Gedanken hatten auch schon einige andere Reisenden. Denn der Parkplatz war bereits besetzt bis ins letzte Eck. Dennoch hatten wir Glück, denn in dem Moment als wir ankamen, fuhr ein Auto fort. Wir liefen 10 Minuten etwas bergauf, dann bewunderten wir die schleierartig, aus 60 Metern herabstürzenden Wasserfälle mit vielen weiteren Menschen. Nach einem kleinen Rundgang durch den dichten Wald setzten wir anschließend unsere Fahrt über den Trans Canada Highway fort.
Bald verfinsterte sich der Himmel immer mehr, die Sonne kam nicht mehr durch. Am Strassenrand sahen wir erste Feuerwehrautos stehen. Rechts und links der Strasse war dichter Wald und steil stiegen die Berge auf. Ein Lösch-Hubschrauber mit Wassersack flog in den oberen Bereich, wo der Rauch herkam. Im Innenraum vom Auto konnte man bereits den Qualm riechen und man spürte den Reiz in den Augen. So ging das Kilometer weit, bis kurz vor Harrison Hot Springs. Da wurde die Luft etwas besser. Trotzdem lag der wunderschöne Harrison Lake im Dunst.
Nachdem wir unser Hotelzimmer bezogen hatten, eine kurze Verschnaufpause uns gönnten, starteten wir zur Ortsbesichtigung. Der kleine Strand und die Promenade waren belagert von planschenden Kindern und grillenden Familienvätern. Restaurants und Cafés´waren gefüllt mit Tagesausflüglern und Urlaubern. So viele Inder, Pakistani und Chinesen hatte ich noch nicht gesehen. Der Kurort war wohl ein beliebtes Ausflugsziel für das Wochenende. Das Thermalbad besuchten wir hier nicht, da unsere Rundreise uns noch durch weitere Orte mit heißen Quellen führte. Für unser Abendessen ließen wir uns einen Tisch reservieren im „Black Forest“, die Nr. 1 laut TripAdvisor. Für einen Kaffee mussten wir bis zum Campingplatz laufen, dafür konnten wir dann in Ruhe sitzen bei einer netten alten Dame auf der Terrasse.
Das Abendessen im Schwarzwaldhaus bestand dann aus Bratwurst, Brokkoli und Bratkartoffeln. Ich entschied mich für ein Nudelgericht, mal keinen Salatteller. Die Portionen waren ordentlich gross. Es war schon witzig hier in Kanada, in einem urdeutschen Lokal. So etwas begegnete uns im Laufe unserer Reise noch öfters.
Am nächsten Morgen starteten wir dann wieder frühzeitig, aber natürlich erst nach dem breakfast. Die Fahrt ging ca. 310 km nach Sun Peaks, Richtung Norden, ein kleiner abgelegner Ort in den Bergen. Nach kurzer Fahrzeit machten wir einen Besichtigungsstop. Die Othello Tunnels, fünf in kurzen Abständen hintereinander angelegte Tunnel durch nackten Granit direkt am tosenden Fluss. Hier verliefen die ersten Kilometer der Kettle Valley Railway-Trasse. Wegen ständiger Probleme mit Gesteins- und Schnee Lawinen wurde dieser Abschnitt der Strecke 1961 still gelegt und die Schienen samt Brücken entfernt.
Heute sind die fünf Tunnel ein sehenswerter Anziehungspunkt des Coquihalla Canyon Provincial Park. Ein ausgebauter Spazierweg geht entlang der alten Bahntrasse. Ausgerüstet mit Taschenlampen tauchten wir in die kühle Dunkelheit des ersten Tunnels ein. Nach jedem Tunnel hatten wir eine neue Aussicht auf Fluss und Canyon. Am Ende der Tunnelstrecke gehen wir den Weg noch ein Stück weiter durch diese pittoreske Umgebung. Dann machten wir kehrt, weil wir an diesem Tag noch eine lange Fahrt vor uns hatten.
Unterwegs hielten wir noch zwei Mal, um etwas Proviant einzukaufen. In Merritt kauften wir Wasser für die nächsten Tage in einem grossen „Walmart“. Obst, Gemüse, Wurst oder Käse konnte man nur abgepackt, in Rieseneinheiten bekommen. Deshalb fuhren wir weiter in den nächst größeren Ort, dort hatten wir mehr Glück. Es gab einen Laden, wo alles lose an der Theke zu kaufen war.
Als wir den Abzweig vom Highway 5 nach Sun Peaks abbogen, stand ein Hinweisschild, dass es keine Tankgelegenheit in Sun Peaks gibt. Hier muss man überlegen ob man für den Hin- und Rückweg genügend Sprit hat, denn die Strasse endete in Sun Peaks. Nach dem Abzweig kam es mir unheimlich lang vor. Die kleine Strasse schlängelte sich Kurve um Kurve immer weiter Bergauf durch eine dicht bewaldete Strecke ohne Autoverkehr. Nach 45 Minuten Fahrzeit erreichten wir dann den Ort. Unser Hotel „Coast Sundance Lodge“ lag direkt am Ortseingang. Hier waren 2 Übernachtungen vorgesehen, so dass wir uns etwas einrichten konnten. Das Zimmer war ein Apartment. Kurze Zeit später gingen wir in den Ort, bevor die Sonne unterging. In einem Cafe´, dass noch geöffnet hatte fanden wir einen Sonnenplatz. Sun Peaks ist ein klassischer Wintersportort, viele Restaurant, Café´s und Shops haben im Sommer geschlossen. Im Ort war es sehr, sehr ruhig. Fast alle Aktivitäten, außer Golf und mehrere Downhill Strecken für Mountainbiker, sind im Sommer eingestellt. Auf den Weg in die Rocky Mountains nach Jasper machten wir hier Station, weil sonst die Distanz zu gross war.
Am nächsten Tag trugen uns unsere Füsse auf den kleinen Aussichtsberg „Top of the World.“ Hier endete auch der Sessellift für die Skifahrer und Biker.Was die Skifahrer im Winter nicht schaffen, erledigen die Mountainbiker im Sommer.
Die Hänge sehen teilweise gruselig aus, total abgewetzt. Bis zum „Tod Mountain Lake“ wollten wir nicht weiter wandern, deshalb stiegen wir wieder ab ins Tal. Bei einem Kaffee und Cappuccino auf der Sonnenterrasse im Ort machten wir uns einen schönen erholsamen Nachmittag.
schöne einblicke…
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Danke, beim Schreiben erlebe ich vieles noch einmal. LG Petra
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Hallo Petra,
vielen Dank, Wieder einmal ein sehr schön ge- und beschriebener Bericht über Kanada. Also ich finde ja „Black Forest“ klingt nun doch besser wie Schwarzwald in deinem Beitrag 🙂 und dann Bratwurst fand ich witzig.
Danke. Freue mich.
Liebe Grüße, Peter
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Danke für Deinen Kommentar. Es gibt viele deutsche Spuren in Kanada, manches ist sehr witzig. LG Petra
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Hallo Petra, ich bin gespannt, wie es weiter geht und hoffe, ihr geratet wegen der Brände nicht in brenzlige Situationen. LG Annette
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